FAQ - Aktuelle Energiekrise
Sie haben Fragen zur derzeitigen Lage der Gas- und Stromversorgung?
Hier finden Sie aktuelle Informationen zum Thema von Ihrem Energieversorger vor Ort.
Gasversorgung
Aktuell: ja. Haushalte sind in Deutschland besonders geschützt. Auch im Fall eines Engpasses werden Sie weiter versorgt, wenn die Industrie bereits Einsparungen vornehmen muss. Das erklärte Ziel aller Akteure ist es, die in Deutschland etwa 19 Millionen an das Gasnetz angeschlossenen Haushalte ohne jede Unterbrechung zu versorgen.
In besonders extremen Situationen, beispielsweise wenn ein Gaslieferstopp und ein sehr langer und kalter Winter zusammenwirken, kann auch die Versorgung der Haushalte schwierig werden. Das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (hier immer kurz als Wirtschaftsministerium genannt), die Bundesnetzagentur, der Übertragungsnetzbetreiber „THE“ und die Stadtwerke als Verteilnetzbetreiber arbeiten daran, dass diese Situation nicht eintritt.
Die Stadt Tuttlingen bereitet sich auf die möglicherweise drohenden Probleme bei der Gasversorgung vor und hat einen entsprechenden Krisenstab eingerichtet.
In der Europäischen Union ist Deutschland der größte Importeuer von Erdgas aus Russland. 2021 hat Deutschland aus Russland etwa 55 Prozent des hier verbrauchten Erdgases importiert, im Mai 2022 waren es noch etwa 30 Prozent. Das Wirtschaftsministerium strebt nach dem Angriff von Russland auf die Ukraine an, bis zum Sommer 2024 den Anteil des russischen Gases am deutschen Gesamtverbrauch auf zehn Prozent zu reduzieren.
Neben den russischen Lieferungen bezieht Deutschland Erdgas auch aus Norwegen und den Niederlanden. Außerdem werden deutsche Energieunternehmen auch zunehmend verflüssigtes Erdgas (LNG) beziehen, aktuell noch über Anlande-Terminals im Ausland. Voraussichtlich Ende 2022 wird auch Deutschland an der Küste über mobile LNG-Terminals verfügen. Alle Import-Alternativen sind teurer als das russische Erdgas.
Die meist unterirdischen Speicher haben grundsätzlich die Funktion, im Sommer überschüssige Importe aufzunehmen, um im Winter zusammen mit den Lieferungen aus dem Ausland die Gasversorgung zu sichern. Sie dienen als eine Art Puffer für den saisonal sehr unterschiedlichen Gasabsatz. In der Regel wird dann im Winter – je nach Temperatur und weiteren Liefe-rungen – das Gas in das Netz ausgespeichert. Ein neues im Frühjahr 2022 verabschiedetes Gasspeichergesetz soll nun dafür sorgen, dass die deutschen Speicher beispielsweise am 1. November mindestens zu 90 Prozent gefüllt sind. Theoretisch kann das Speichervolumen laut Bundesregierung Deutschland zwei bis drei durchschnittlich kalte Wintermonate mit Gas versorgen. Bis zur Energiekrise hat Deutschland jährlich etwa 1.000 Terawattstunden Erdgas verbraucht. In den Gasspeichern können maximal rund 256 Terawattstunden gespeichert werden. Der Gasverbrauch ist in den letzten Monaten stark rückläufig.
Weitere Informationen: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/gasspeichergesetz-2029266
Die Energiewirtschaft spricht dann von einer Gasmangellage. Es greift der Notfallplan Gas, der drei Stufen hat. Bereits am 30. März 2022 hat das Wirtschaftsministerium die Frühwarnstufe ausgerufen (Stufe 1), seit dem 23. Juni gilt die Alarmstufe. Die dritte Stufe ist die Notfallstufe. Die Frühwarn- und Alarmstufe werden vom Bundeswirtschaftsministerium ausgerufen, die Notfallstufe von der Bundesregierung durch eine Verordnung geregelt.
Die konkreten Auswirkungen eines Liefer-Stopps von russischem Gas lassen sich nicht seriös prognostizieren. Gasmarkt-Experten sagen: Sehr wahrscheinlich würden sich diese großen Mengen in den nächsten Monaten nicht komplett durch andere Lieferungen kompensieren las-sen. Alle Akteure arbeiten daran, für diesen Fall vorbereitet zu sein, allen voran die Bundesnetzagentur mit einem eigens für die Sicherung der Gasversorgung eingerichteten Krisenstab.
Nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) gehören private Haushalte zu den sogenannten geschützten Kunden. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise auch Krankenhäuser, Pflege-heime, kleine und mittelgroße Gewerbebetriebe, die nach einem sogenannten Standardlastprofil abgerechnet werden und Kraftwerke, die auch der Wärmeversorgung von Haushalten dienen. Diese Kunden müssen solange versorgt werden wie möglich.
Wir bereiten uns seit Monaten auf diese Situation vor. Wir tauschen uns mit anderen Stadtwer-ken aus, haben Notfallpläne in der Schublade und bekommen Fachinformationen aus den sehr engagierten Energieverbänden.
Weitere Informationen: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Versorgungssicherheit/aktuelle_gasversorgung/HintergrundFAQ/start.html
Stromversorgung
Ja. Die Situation auf dem Strommarkt ist eine andere als auf dem Gasmarkt. Deutschland kann die Erzeugung von Strom aus Erdgas kompensieren. Voraussichtlich ab Juli werden – hoffentlich vorübergehend – verstärkt ältere Kohlekraftwerke in das Stromnetz einspeisen. Deutschland versorgt sich aus eigenem Tagebau mit Braunkohle und aus der ganzen Welt mit Steinkohle. Das Kohle- und Erdöl-Embargo gegen Russland bedroht die Versorgungssicherheit nicht.
Dieser Effekt liegt aktuell in den Preisen für die Energieträger begründet. Wenn die Preise gerade für Erdgas sehr stark steigen, dann ziehen die Preise an den Großhandelsmärkten für Strom mit. In diesem Video werden die Zusammenhänge und Preisbestandteile in nur drei Minuten anschaulich erklärt:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/strom-strompreis-energiekosten-1.5600730
Mittelfristig wird auch der Strom leider teurer. Die seit September 2021 steigenden Großhan-delspreise kommen nach und nach auch bei den Haushalten an. Kurzfristig geben wir natürlich den Wegfall der EEG-Umlage an unsere Kunden weiter. Langfristig könnte mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Verdrängung von fossilen Energieträgern aus der Stromerzeugung der Strom auch wieder günstiger werden. Eine seriöse Prognose ist aber leider nicht möglich.
Weitere Fragen
Eine seriöse Prognose ist nicht möglich. Viele Wissenschaftler und Branchenkenner gehen davon aus, dass uns hohe Energiepreise einige Jahre lang begleiten können. Ganz aktuell gibt es einige staatliche Entlastungspakete, welche die Preissteigerungen wenigstens eindämmen:
- Wegfall der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022
- einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen
- Kinderbonus als zusätzliche Einmalzahlung für Familien von 100 Euro pro Kind
- weitere Einmalzahlungen für Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen
Für Unternehmen gibt es mehrere Programme, um die Liquidität zu sichern, Kostenzuschüsse sowie Eigen- und Hybridkapitalhilfen.
Die Details zu den Entlastungspaketen der Bundesregierung sind hier aufgelistet:
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Entlastungen/schnelle-spuerbare-entlastungen.html
Sparen Sie ab heute den Verbrauch von fossilen Energieträgern ein. Jede eingesparte Kilowattstunde Erdgas macht Deutschland unabhängiger von russischen Gaslieferungen, entlastet Sie finanziell und hilft im Kampf gegen die Klimakrise. Ganz konkret können Sie im Winter die Raumtemperatur senken, Warmwasser in der Küche sparen, im Bad einen sparsamen Duschkopf einsetzen und den Wirkungsgrad von Heizkörpern erhöhen.
Ausführliche Energiespar-Tipps finden Sie hier:
https://www.energiewechsel.de
Dieses Szenario ist unsere Zukunft. Wir werden mit Strom heizen, mit Elektroautos fahren und wir werden Strom in großem Maßstab speichern können. Daneben werden wir Wasserstoff überall dort nutzen, wo wir Verbrenner nur schwer ersetzen können: im Flugverkehr oder in einigen wenigen Kraftwerken. Erdgas und andere fossile Energieträger werden wir weiterhin brauchen, dann aber als Rohstoff in der Industrie.
Die Digitalisierung wird in den nächsten Jahrzehnten viel bewegen: In den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität gibt es viele Prozesse, die wir miteinander vernetzen und so Energie speichern oder einsparen können. Eine Welt mit sehr viel weniger Verbrennung von fossilen Energien ist hoffentlich sehr viel friedlicher. Denn Sonne, Wind und andere erneuerbare Energiequellen sind nicht knapp. In dieser Welt sind die Preise in der Energieversorgung sehr wahrscheinlich niedriger als heute.
Wir profitieren nicht von dieser Situation. Im Gegenteil: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen seit Herbst 2021 eine extrem anspruchsvolle Preisentwicklung beherrschen.
Kein Stadtwerk hat ein Interesse daran, in diesen Zeiten die Gewinne aus dem Verkauf von Energie zu erhöhen. Natürlich werden die Umsätze im Energiegeschäft steigen, dieser Effekt ist aber vor allem den gestiegenen Preisen an den Energiemärkten geschuldet.
Den mit Abstand größten Teil beschaffen wir langfristig am sogenannten Terminmarkt. Wir kooperieren dafür mit vielen weiteren Stadtwerken in einer gemeinsamen Beschaffungsplattform.
Der Vorteil: Strom und Erdgas wird einige Jahre im Voraus beschafft. Mit dieser Strategie reduzieren wir die Risiken sehr stark: Kurzfristige Preisschwankungen schlagen so nicht direkt auf die Endverbraucher durch und es besteht nicht die Gefahr, zum „falschen“ Zeitpunkt die Mengen eingedeckt zu haben.
Trotzdem: Wenn die Preise an den Börsen explodieren, können wir als Versorger das nicht abfangen. Verbraucher müssen mit deutlichen Preissteigerungen rechnen.